Nach der Ankündigung von WhatsApp, künftig Userdaten mit dem Mutterkonzern Facebook auszutauschen, haben nicht wenige Nutzer diesen Dienst verlassen und sich nach Alternativen umgesehen.
Der hauptsächliche Beweggrund dürfte Besorgnis um die Privatsphäre und Verlust der Kontrolle über die eigenen Daten sein. Viele sind zu freien oder auch kostenpflichtigen Diensten wie etwa Signal, Telegram, Threema, usw. abgewandert.
Der Ansturm auf Signal war zeitweise so enorm, daß deren Server unter den Neuanmeldungen mehrmals kapituliert haben und in Tag- und Nachtschichten aufgestockt wurden.
Es schien, als ob einer signifikanten Menge schlagartig klar geworden wäre, was ihnen jahrelang vergeblich nahezubringen versucht wurde. Nämlich daß ihre persönlichen Daten eine Geldmaschine für denjenigen sind dem sie diese anvertrauen. Die von WhatsApp eingeführte Ende-zu-Ende Verschlüsselung bietet in dieser Hinsicht nur eine trügerische Sicherheit. Denn selbst falls die Nachrichteninhalte für Unbeteiligte tatsächlich nicht lesbar wären, so sind dennoch die Metadaten (wer mit wem wie oft kommuniziert) vorhanden und auswertbar. Zusammen mit weiteren Daten aus anderen Diensten (z.B. Webtracker, aber eben auch Facebook) lassen sich weiterhin umfangreiche Profile zusammensetzen, die wiederum an interessierte Unternehmen verkauft werden können. Kurzum, es ist völlig uninteressant, welche Nachrichten man austauscht. Aussagekräftiger und viel leichter zu erfassen sind die eigenen Spuren im Netz und die Kommunikationspartner, sowie deren Spuren im Netz usw.
Wer nun meint, dieser Spirale zu entkommen, indem er zu alternativen Diensten wechselt, die diese Möglichkeiten nicht haben und auch diese Interessen nicht verfolgen, könnte sich demnächst unter den Augen völlig anderer Beobachter befinden.
Die obersten Köpfe der EU beraten seit einigen Monaten über Wege, staatlichen Institutionen Zugang zu verschlüsselten Daten der Bürger zu ermöglichen. Dazu sollen Diensteanbieter (das wären dann eben solche von Messenger-, Videoconferencing- und anderen Diensten) durch gesetzliche Vorgaben zur technischen Zusammenarbeit gezwungen werden. ->
https://www.statewatch.org/news/2020/nov…nst-encryption/
Während von den geheimen Beratungen anfangs nur einzelne Details durchgesickert sind, liegen inzwischen auch Dokumente vor >
https://www.statewatch.org/media/1510/eu…084-20-rev1.pdf
Die Frage wie so eine "technische Zusammenarbeit" aussehen soll, wenn den Bürgern zugleich eine starke Verschlüsselung als wichtiges Instrument zum Schutz ihrer Daten zugestanden wird und auf den Einbau von Hintertüren verzichtet werden soll, darüber sollen sich auf Wunsch Brüssels die technischen Experten später den Kopf zerbrechen. Den Politikern (
allen voran übrigens den deutschen) ist jetzt einmal ein koordinierter Beschluss der EU wichtig. Der Rest wird sich schon ergeben, so oder so.
Big Brother lässt schön grüßen und diesmal geht es ihm nicht um Kommerz und Profit. Neben den Verbindungsdaten (die er ohnehin jetzt schon auf Wunsch bekommen kann) ist er auch an Inhalten interessiert. Begründet wird dieser Eingriff mit altgedienten Argumenten: Kriminalität, Terrorismus, Geldwäsche und Kinderpornografie verhindern und bekämpfen.
Während Politiker ohne viel Ahnung von der Materie also Leute mit mehr Ahnung per Gesetz verpflichten wollen ihre geheimen Überwachungswünsche zu realisieren, gibt es auf Seiten der später davon Betroffenen auch Leute mit Ahnung, die sich schon im Vorfeld gegen "StaSi 3.0" zur Wehr setzen, und zwar mit legitimen Mitteln aus der Brüsseler Küche selbst. Seit wenigen Tagen liegt beim Europäischen Parlament eine Petition auf, mit der dieses aufgefordert wird den Vorschlag der Kommission zur Aufweichung von Kryptografie abzulehnen. Der Text der Petition ->
https://www.europarl.europa.eu/petitions…ption-in-the-EU
Jeder EU-Bürger kann diese Petition hier unterstützen ->
https://www.europarl.europa.eu/petitions…Keep+Encryption
Wer sich darauf verlässt, daß das "die anderen" schon machen werden, könnte eines Tages böse erwachen.
Noch ein Link für alle, die jetzt denken "
Ich habe eh nichts zu verbergen..."
(
Crossposting)